Ist es dir wichtig, was andere über dich denken? Geht das oft so weit, dass du deine eigenen Bedürfnisse missachtest, weil du nicht gut Grenzen setzen kannst?

Immer freundlich, immer offen, hilfsbereit und für andere da.

Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden - aber wie fühlt es sich von innen an?

Die Erwartungen, die du an dich selbst hast, können auf Dauer ihre Spuren in deinem Energiesystem und irgendwann auch an deinem Körper hinterlassen.

In der Regel geht es eine lange Zeit gut: Du organisierst dich besser, wendest mehr Kraft auf und gibst dem Druck so einfach nach.

Es ist erstaunlich, welche Reserven wir mobilisieren können, wenn es notwendig ist. Allerdings ist es nicht so gedacht, dass wir diese Reserven einfach dauerhaft mit einkalkulieren. 

Woran du erkennst, dass Grenzen setzen nicht deine Stärke ist.

Wenn die ersten Anzeichen spürbar werden, dass deine Reserven erschöpft sind oder du an bestimmten Stellen nicht mehr alles runterschlucken kannst, setzt oft Ratlosigkeit ein.

Entweder du kommst zu dem Schluss, dass die Rahmenbedingungen unveränderbar sind (das muss ja erledigt werden) oder du bist unfähig dich zu wehren, obwohl du es versuchst.

Diese Situationen zeigen dir, dass deine Grenzen unklar sind

  • Du sagst oft „Ja“, obwohl du eigentlich „Nein“ meinst – und fühlst dich danach schlecht oder ausgelaugt.

  • Du fühlst dich oft gestresst, innerlich unruhig oder fremdbestimmt.
  • Du hast das Gefühl, dich selbst oder deine Bedürfnisse nicht mehr richtig zu spüren.
  • Das Gefühl von Überforderung ist dir vertraut, du weißt aber nicht, wie du sie vermeiden kannst.
  • Du vermeidest Konflikte – selbst wenn du dafür eigene Wünsche unterdrückst.
  • Du fühlst dich oft wie gezwungen, Dinge zu tun, die dir widerstreben.
  • Du stehst nicht für dich selbst ein und hast manchmal das Gefühl, dass das ausgenutzt wird.
Grenzen setzen: Eine braunhaarige Frau mittleren Alters hat die Arme vor dem Körper verschränkt und schaut entschlossen.

Grenzen setzen lernen: Merke dir die Tipps mit dem Pin auf Pinterest.

Wozu ist Grenzen setzen lernen überhaupt gut?

Respektvoll deine Grenzen zu setzen hilft dir nicht nur gut mit deiner Energie zu haushalten, es stärkt auch deine Resilienz.

Wenn wirklich mal eine Ausnahmesituation auf dich zukommt, ist es gut über gewisse Notreserven zu verfügen. Sind die dann schon aufgebraucht, hast du ein viel größeres Problem.

Es ist leider nicht so, dass wir eine Art Tapferkeitsmedaille bekommen, wenn wir uns aufopfern und unsere eigenen Bedürfnisse ignorieren. 

Wenn es bei dir so ist, sag mir gerne Bescheid. 😁

In der Regel bleiben unsere Anstrengungen sogar weitestgehend unbemerkt.

Für Menschen in unserem Umfeld kann sogar der Eindruck entstehen, dass wir selbst gar keine Herausforderungen hätten und es uns nichts ausmachen würde, zusätzliche Last zu übernehmen.

Du läufst also Gefahr dich ausnutzen zu lassen, wenn du versuchst, es immer allen recht zu machen.

Wenn’s ganz schlecht läuft für dich, führen fehlende Grenzen zu fehlendem Respekt. Jeder erlaubt sich alles - und das auf deine Kosten.

Warum fällt uns das Grenzen setzen so verdammt schwer?

Es gibt so einige Gründe, die uns innerlich blockieren können, gesunde Grenzen zu setzen:

  • Alte Überzeugungen, die sich in der Kindheit gebildet haben: „Ich muss die Erwartungen erfüllen“ oder „Ich darf niemanden enttäuschen“.

  • Angst vor Ablehnung oder Konflikten – auch das haben wir vor sehr langer Zeit gelernt. Wenn wir abgelehnt werden, gehören wir nicht mehr dazu und sind deshalb nicht mehr sicher. Also machen wir es lieber allen recht.

  • Geringes Selbstwertgefühl: Je geringer ich mich selbst schätze, desto mehr muss ich mich erst beweisen, um selbst etwas verdient zu haben.

  • Fehlende Vorbilder: Wie genau sieht denn gesunde Abgrenzung ohne Schuldgefühle aus? Was hast du darüber von den Frauen oder Männern in deiner Familie gelernt?

Grenzen setzen lernen in drei Schritten

Der Weg zu gesunden Grenzen beginnt immer im Inneren. Solange dir nicht bewusst ist, dass da etwas nicht rund läuft, tappst du weiter im Dunkeln.

Hier sind drei aufeinander aufbauende Etappen, in denen du vorgehen kannst. 

1. Erkenne deine Bedürfnisse

Mache dir bewusst, was du brauchst und was du willst. Betrachte dabei nicht nur deine körperlichen und mentalen, sondern vor allem auch deine emotionalen Bedürfnisse.

An welchen Stellen verlierst du Zeit und Energie, weil du dir mehr zumutest, als du eigentlich müsstest?

Stelle dir diese Fragen, um die Situationen zu durchleuchten:

  • Was brauche ich, um innerlich ausgeglichen zu sein und mich wohl zu fühlen?
  • Wo in meinem Leben wiederholen sich Situationen, die meinen Bedürfnissen entgegenstehen?
  • Was kann ich leisten und was geht zu Lasten meiner inneren Balance?

Mache dir die Punkte bewusst, an denen du dich selbst verlässt, wenn du weitergehst.

Wenn du dein bisheriges Verhalten hinterfragst, lernst du dich selbst besser kennen.

Denke noch nicht darüber nach, ob und wie du daran etwas ändern kannst, denn das könnte dich schon an diesem Punkt blockieren.

Stelle zunächst nur fest, wie es ein neutraler Beobachter machen würde. 

2. Bereite dich vor: Grenzen setzen mit hilfreichen Formulierungen

Wenn du dir typische Situationen und Beziehungen, in denen du bessere Grenzen gebrauchen kannst, bewusst gemacht hast, ist das die halbe Miete. Von da kannst du weitergehen.

Die Gründe dafür, dass Grenzen setzen eine Herausforderung für dich ist, wirst du nicht durch eine reine Entscheidung aus der Welt schaffen können. Hier macht sich Vorbereitung bezahlt.  

Du willst jemandem absagen, ein Thema nicht besprechen, deine eigene Entscheidung treffen oder zu neugierige Fragen abwehren? Formulierungen, die klar und trotzdem nicht verletzend sind, können dir dabei helfen. 

Formulierungen, die beim Grenzen setzen in Beziehungen und bei der Arbeit helfen.

Bleibt dir oft die Spucke weg, wenn dir jemand ungefragt durch den Vorgarten läuft? Fällt dir dann erst später auf, wie übergriffig du das empfunden hast?

Wappne dich frühzeitig für die nächste Situation, indem du dir ein paar Sätze zurechtlegst. 

  1. 1
    „Ich kann das im Moment nicht entscheiden. Ich denke darüber nach und melde mich bei dir.“
    → Klar, selbstbestimmt, ohne Stress erzeugen zu lassen.
  2. 2
    „Magst du mir sagen, was der Hintergrund deiner Frage ist?“
    → Hilft, verdeckte Erwartungen oder Manipulation aufzudecken.
  3. 3
    „Ich glaube, zu dem Thema ist alles gesagt. Lass uns über etwas anderes sprechen.“
    → Beendet Diskussionen wertschätzend, aber bestimmt.
  4. 4
    „Danke, dass du fragst. Im Moment ist bei mir sehr viel los, und ich muss meine Energie gut einteilen.“
    → Zeigt Selbstfürsorge ohne Schuldgefühl.
  5. 5
     „Ich werde bei diesem Termin nicht dabei sein können.“
    → Direkt, ohne Rechtfertigung.
  6. 6
     „Ich verstehe, dass du das anders siehst. Mir ist wichtig, dass ich mich mit meiner Entscheidung wohlfühle.“
    → Grenzen setzen, mit Respekt für die andere Sicht.
  7. 7
     „Ich merke, dass ich gerade Raum für mich brauche. Das hat nichts mit dir zu tun, sondern mit mir.“
     → hilft Rückzug klar zu kommunizieren, ohne den anderem zu verunsichern.
  8. 8
     „Das ist die Entscheidung, die sich für mich am besten anfühlt.“
    → Weichere Formulierung, aber trotzdem klar.
  9. 9
     „Ich bringe das kurz zu Ende, dann bin ich wieder ganz bei dir.“
    → Deeskalierend in Gesprächssituationen mit Unterbrechung – zeigt Fokus.
  10. 10
     „Schön, dass du da für dich so klar bist. Ich möchte meine eigenen Erfahrungen machen.“
    → Deeskalierend in Gesprächssituationen mit Unterbrechung – zeigt Fokus.
  11. 11
     „Spannend – da scheinen wir unterschiedliche Perspektiven zu haben.“
    → Selbstbewusst statt konfrontativ.
  12. 12
     „Danke für deine Offenheit. Ich habe gelernt, so etwas nicht persönlich zu nehmen.“
    → Stärkt innere Distanz ohne Abwehrhaltung.
  13. 13
     „Ich brauche bis [Datum], um das in guter Qualität zu liefern – alles andere wäre zu knapp.“
    → kommuniziert realistische Zeitplanung und zeigt, du stehst für Qualität ein.
  14. 14
     „Ich habe diese Aufgabe schon mehrfach übernommen – diesmal möchte ich sie gerne abgeben.“
    → signalisiert Selbstrespekt und Fairness, ohne unkollegial zu sein.
  15. 15
     „Ich arbeite an mehreren Aufgaben parallel – gib mir bitte eine Priorisierung, damit ich nichts Wichtiges übersehe.“
    → verhindert Übernahme von Verantwortung für unrealistische Erwartungshaltung.

3. Übung und innere Stärkung macht den Meister

Zu wissen, wo du stehst und was du brauchst, ist die wichtigste Voraussetzung.

Formulierungen parat zu haben, mit denen du Grenzen setzen kannst, ohne zu verletzen, stärkt deine Souveränität.

Sobald erste Erfolge eintreffen, wird es dir automatisch leichter fällen, deine Grenzen zu kommunizieren und an ihnen festzuhalten.

Wenn du dich und deine Bedürfnisse wichtig nimmst, werden auch andere dich wichtig nehmen, dich respektieren und deine Unterstützung entsprechend wertschätzen.

Das ist ein Prozess, bei dem es nicht immer nur geradeaus geht.

Stärke dich von innen heraus, indem zu dir klarmachst:

Es ist nicht deine Aufgabe

- die Bedürfnisse anderer zu erfüllen.
- andere davon zu überzeugen, dass du ein wertvoller Mensch bist.
- die Probleme anderer zu lösen, wenn sie es selbst könnten.
- dich selbst kleinzumachen, damit andere sich wohler fühlen.
- deine eigenen Gefühle zu unterdrücken, um besser funktionieren zu können.

Du musst niemanden davon überzeugen, dass er besser mit umgeht. Deine Aufgabe ist dafür zu sorgen, dass das nicht notwendig ist, indem du entsprechende Grenzen setzt.

Denn du bist der wichtigste Mensch in deinem Leben!

Du willst emotionales Essen überwinden? 

Dann hol dir erprobte und nachhaltige Strategien alle 3 Wochen direkt in dein Postfach.

Mehr zum Newsletterversand hier: Datenschutz. Abmeldung jederzeit möglich.

Fazit: Grenzen setzen lernen ist Selbstwertarbeit

Wenn du beginnst, deine Grenzen wahrzunehmen und zu kommunizieren, verändert sich mehr als nur der Stress in deinem Alltag. Du beginnst, dich selbst wichtiger zu nehmen – und als wertvoller zu erleben.

Und trotzdem wird es auch immer wieder Situationen geben, in denen du in alte Verhaltensweisen zurückfällst oder spürst, dass du eine tiefergehende Lösung brauchst.

Denn einige Ursachen für allzu durchlässige Grenzen sitzen tiefer. Alte Muster, Prägungen und Überzeugungen beeinflussen unbewusst, wie viel Raum zu dir selbst zugestehen kannst.

Suchst du eine nachhaltige Veränderung, bei der du nicht immer wieder Gefahr läufst zurückzufallen, ist es wichtig, genau da anzusetzen: bei deinem inneren System. Denn echte Stärke kommt von innen, aus dem Wert, den du dir selbst zuschreibst.

Überprüfe, deine Glaubenssätze rund um deinen Selbstwert und die Priorität deiner eigenen Bedürfnisse und Emotionen. Wodurch haben sie sich gebildet? Ist das heute noch wahr? Was hat sich an den Umständen geändert?

Lasse deine alten Überzeugungen los und formuliere neue, die deinen Wusch nach mehr Selbstwirksamkeit und Energie unterstützen.

Dieser Artikel wurde erstmals am 11.04.2017 veröffentlicht und im Juli 2025 komplett überarbeitet.

Das könnte dich auch interessieren:

Martina Aust
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Notwendige Felder sind mit * markiert.

  1. Dankeschön. Es hat mir gut getan, das zu lesen. Ich bin genauso so ein Mensch. Es trifft den Nagel auf den Kopf 👍Ich bin dabei, an mir zu arbeiten, aber es gelingt mir nicht immer. Leider. Hinterher ärgere ich mich über mich selbst. Und ich habe auch diese bewussten Fressattacken.

    1. Liebe Erika, das Problem mit dem Grenzen setzen und das emotionale Essen trifft man häufig im Doppelpack an. Und es ist ein Weg, denn erkennen heißt noch nicht es auch umsetzen zu können. Das ist ganz normal. Aber wie mit vielem im Leben: Je länger wir üben, desto besser werden wir. So ist es jedenfalls bei mir ;-). Wünsche Dir ganz viel Power und Selbstmitgefühl dabei. Liebe Grüße, Martina.

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}