Dein Körper ist perfekt. Ja, wirklich. Du hast ein echt ausgefeiltes Gerät von der Natur geschenkt bekommen. Er tut so viel automatisch, in der richtigen Reihenfolge und Intensität für dich, ohne dass du auch nur einen Gedanken daran verschwenden musst. Wenn du kein Sättigungsgefühl mehr spürst, ist etwas aus der Balance geraten.

Du atmest, dein Herz schlägt, dein Blutkreislauf funktioniert, deine Verdauung arbeitet, du wirst müde, schläfst und wirst wieder wach.

Das alles passiert, ohne dass du darüber nachdenken, dir Sorgen machen oder ein spezielles Wissen aneignen musst. Die Natur hat bestens für alles vorgesorgt. 

Warum sollte es also beim Hunger und beim Sättigungsgefühl, dem Energie- und Nährstoffbedarf und der kompletten Ernährung nicht genauso natürlich und instinktiv funktionieren?

Eine mögliche Antwort darauf ist: Weil du dir selbst nicht mehr vertraust.

Weil du dir deine natürlichen Instinkte und intuitiven Empfindungen systematisch abtrainiert hast.

Du hast dein Sättigungsgefühl verloren, weil du dir deiner selbst nicht mehr bewusst bist.

Hunger und Sättigung sind positive Gefühle. Sie helfen dir, Zeiten, Menge und Inhalt deiner Mahlzeiten selbst zu bestimmen - ohne etwas zählen, wiegen oder nachlesen zu müssen. 

Wenn du wissen willst, warum dein Sättigungsgefühl fehlt und was du tun kannst, erfährst du hier mehr.

Kein Sättigungsgefühl: Ursachen für den Verlust des Bauchgefühls. 

1 | Du hast die Verantwortung für deine Ernährung abgegeben

Hast du viel Wissen über Ernährung, kennst die neuesten Studien, das Für und Wider der gängigen Diäten und Ernährungsformen?

Dann könnte zu viel Wissen deine natürlichen Empfindungen überlagern und dein Sättigungsgefühl darunter leiden.

Wann immer du hungrig bist und darüber nachdenkst, was du am liebsten essen möchtest, wird dein ursprüngliches Gefühl von all den Botschaften überlagert, die du im Laufe der Zeit aufgenommen hast:

  • Tierische Produkte sind reines Gift für den Körper
  • Gluten ist für die Verdauung unverträglich
  • Fett ist schlecht, ach nee, aktuell ja gerade wieder gut, aber nur die richtigen natürlich - gute Fette, also
  • Zucker macht süchtig

Am Ende isst du sozusagen "das kleinste Übel", fühlst dich aber weder satt noch befriedigt.

Irgendwann hast du das Gefühl, ständig irgendwie zu kurz zu kommen. Das stört deine natürliche Ernährung und dein Sättigungsgefühl und kann am Ende sogar Heißhungerattacken hervorrufen, weil dein Körper mit der Umstellung nicht klarkommt.

Er hinkt deiner von Verstand gesteuerten Ernährung hinterher.

Bedenke immer: Jeder Mensch ist anders und hat seine eigenen Bedürfnisse.

Es bringt dich nicht weiter, wenn du dich streng nach wissenschaftlichen Erkenntnissen oder ethischen Grundsätzen ernährst, gleichzeitig aber dein eigenes Gefühl für deinen Körper aufgibst.

2 | Zu viele Diäten und Ernährung nach Plan

Du hast schon einige Male in deinem Leben - aus Sicht deines Körpers aus heiterem Himmel - auf eine sehr restriktive Ernährung umgeschaltet.

Egal welche gesundheitlich absolut zu befürwortenden Motive und guten Absichten dahinter standen, für dein Unterbewusstsein hat es sich wie eine Hungersnot angefühlt.

Dein Körper musste hergeben, was er nicht wollte.

Das führt zu massivem inneren Stress und dein Körper versucht sich so anzupassen, dass die Auswirkungen möglichst gering bleiben. Er will dir helfen, dein Überleben sichern und fährt seinen Bedarf kurzfristig runter.

Er wartet einfach ab, denn die Evolution hat gezeigt "man kann das nachholen, wenn es wieder genug gibt".

Dadurch gerät die Kommunikation mit deinen Körpersignalen aus dem Gleichgewicht. Ihr verfolgt unterschiedliche Ziele und rennt in verschiedene Richtungen.

3 | Keiner zu Hause - dein Bewusstsein ist unterwegs

Du hast viel um die Ohren, bist gut organisiert, ständig mit Planen beschäftigt. Was du noch alles erledigen musst, was du besser machen kannst als früher.

Hallo, liebe Selbstoptimierer-KollegIinnen 😉

Man will sich ja weiterentwickeln, nicht stillstehen. Meist denkst du über die Vergangenheit oder die Zukunft nach.

Selten genießt du deine kleinen und großen Erfolge, bist immer schon wieder einen Schritt weiter.

Du verlierst dich in deinen Gedanken, bist mit deinem Gefühl nie im gegenwärtigen Moment.

Essen ist oft nur Ablenkung, genauso wie viele Gespräche oder die Berieselung durch Fernsehen und Social Media.

Weil du nicht wirklich zu Hause bist, spürst du dich selbst nicht richtig.

Du nimmst auch nicht die leisen und lauteren Signale deines Körpers wahr und fühlst auch kein Sättigungsgefühl mehr.

4 | Kein Sättigungsgefühl, denn Essen ist nicht mehr Essen

Du isst, um deine Gefühle zu regulieren.

Weil du dich geärgert hast, weil du traurig bist, dich einsam fühlst, Unsicherheit in dir aufkommt oder du einfach das ungute aktuelle Gefühl, für das du keinen Namen hast, nicht mehr spüren willst.

Dabei geht es gar nicht um Hunger oder dein Sättigungsgefühl oder was dein Körper in dem Moment wirklich braucht.

Deine emotionalen Bedürfnisse müssen erst erfüllt werden, bevor du dich mit irgendetwas anderem beschäftigen kannst. Hunger und Sättigungsgefühle geraten so immer mehr in den Hintergrund.

Dein Heißhunger Selbsttest

5 | Gefühle vermeiden hat sich verselbständigt

Das mit dem emotionalen Essen, das dir hilft deine Gefühle zu betäuben, wirkt natürlich nur sehr kurzfristig.

Das weißt du auch. 

Trotzdem ist das Mittel leichter zugänglich und schneller wirksam als eine Schmerztablette. Das weiß dein Unterbewusstsein und hat die Lösung schneller parat als du denken kannst. 

Diese Strategie der Gefühlsvermeidung hat aber noch einen Nebeneffekt: Du entwickelst mit der Zeit einen so ausgefeilten Abwehrmechanismus gegenüber allen plötzlich aufkommenden Gefühlen, dass es schwierig wird, etwas zu empfinden, selbst wenn du es ausdrücklich möchtest.

Und dieses Muster weitet sich langfristig auch auf deine körperlichen Signale und die sogenannten positiven und erwünschten Gefühle wie Freude, Glück und die kleinen Highlights im Alltag aus. 


Willst du emotionales Essen vermeiden, ist es notwendig eigene Mechanismen zu finden, mit denen du deine Gefühle bewältigen kannst.

6 | Kein Sättigungsgefühl im Überlebensmodus

Dein Alltag stresst und überfordert dich oft mehr, als dass er dir Momente schenkt, die du genießen kannst.

Du bist gefühlt ständig im Kampf- oder Fluchtmodus.

Solange du wach bist, bist du mit Überleben beschäftigt.

Keine Chance auf irgendwelche Signale zu hören, die in ihrer Intensität nicht mit einem Wecker-, Telefonklingeln oder einer Kalendererinnerung gleichziehen können.

Du hast schließlich Wichtigeres zu tun.

Achtsamkeit, Bewusstheit, Auszeiten, innerer Frieden? Das sind Begriffe aus fernen Welten.

Die Zeiten, die du für dich hast, nutzt du für deine einzige Form der Selbstfürsorge: Essen. Dann, wenn Zeit ist. Aber dann auch richtig.

Dann holst du alles nach und belohnst dich für dein Durchhaltevermögen auf dem Schlachtfeld - Hunger oder Sättigung spielen dabei keine Rolle.

Je unbewusster und gestresster du bist, desto wahrscheinlicher ist es, dass du auch Probleme hast Müdigkeit, Durst, Anspannung, Überforderung und Unsicherheit zu spüren.

Wenn du in allen Fällen unangenehmer Gefühle zu Essen greifst, setzt du mit der Zeit Hunger mit Esslust gleich. Irgendwann kannst du die beiden nicht mehr voneinander unterscheiden.

Egal, ob du deine körperlichen Signale bisher überhört hast oder sie dir systematisch abtrainiert hast, das wirksamste Mittel, um diesen Prozess wieder umzukehren, ist Bewusstheit. So kannst du auch dein Sättigungsgefühl trainieren.

Wann bin ich satt und wo ist dann das Sättigungsgefühl?

Das Sättigungsgefühl beginnt in dem Moment, in dem du dich rundum gut fühlst und geht erst langsam vorüber, wenn du anfängst, dich etwas flau im Magen zu fühlen. 

Dabei spürst du das erste Sättigungsgefühl schon nach dem ersten Bissen.

Je nachdem wie groß dein Hunger war, desto stärker spürst du diesen Effekt. Wenn du keinen Unterschied spürst, hattest du wahrscheinlich auch keinen Hunger. 

Du bist noch satt, wenn du kein unangenehmes Druckgefühl im Magen mehr spürst.

Auch wenn es sich wieder leichter anfühlt und du dich ohne Einschränkungen bewegen kannst, du bist noch satt.

Wenn du gar kein körperliches Gefühl im Magen mehr spürst, hast du auch noch keinen Hunger.

Und du bist auch noch satt, wenn dein Magen noch mit Verdauen beschäftigt ist. 

Was deinen Hunger und dein Sättigungsgefühl stört und wie du sie wieder wahrnimmst.

Kein Sättigungsgefühl - was tun? Merke dir die Übung mit dem Pin auf Pinterest.

Emotionales Essen stoppen und ein schnelles Sättigungsgefühl erzeugen

Mache diese Übung, wenn du einen Essimpuls hast und dir nicht sicher bist, ob du hungrig bist.

Oder wenn du mitten in einer Mahlzeit merkst, dass du nicht aufhören willst, obwohl du satt sein müsstest. So kannst du dein Sättigungsgefühl ohne Essen verstärken.

1.  Verschiebe das Essen oder stoppe es. Versprich dir selbst, dass es nach der Übung so viel gibt, wie du benötigst.

2.  Ziehe dich in Ruhe zurück z.B. auf die Couch und gehe mit deinem Bewusstsein in deinen Körper. Stelle die Füße auf den Boden und stell dir vor, wie sie sich langsam mit dem Boden verbinden, indem sie Wurzeln bilden.

3.  Spürst du Essen in deinem Körper? Wo genau befindet es sich? Im Magen, Darm, bereits im Blut, in deinen Zellen? Oder spürst du es noch in der Speiseröhre oder in deinem Mund?

4.  Was fühlst du in diesem Moment? Wo ist ein akutes Empfinden in deinem Körper? Kannst du es vor deinem inneren Auge sehen? Ist da ein Unbehagen, eine Angst oder ein Ärger? Wo spürst du es? Wie sieht es aus, welche Farbe und Form hat es? Beobachte einfach ruhig, was sich dir zeigt und bedanke dich für den Einblick, den du bekommst. Denn das hilft dir weiter.

Wenn du ein Gefühl beobachtet hast und es nach einiger Zeit nicht mehr spürbar ist, frage dich, was du tun kannst, um es auf eine Art und Weise zu verarbeiten. Eine, die ohne Essen auskommt.

Bleibe so lange in diesem inneren Dialog, bis es ruhig und still geworden ist.

Dann gehe (zurück) zum Essen, wenn du noch hungrig bist.
Du hältst ja schließlich deine Versprechen 😊

Habe keine Angst vor dem, was da kommt. Die Gefühle werden weniger intensiv und klingen mit der Zeit ab, wenn du sie wirklich zulässt.

Das heißt, diese Übung leistet dir einen besseren Dienst bei der Verarbeitung als das Essen.

Es gibt keine wirkungsvollere Methode gegen emotionales Essen, als deine Gefühle wieder zuzulassen.


Gib ihnen die Aufmerksamkeit, die sie verdienen, dann wirst du deine Essgelüste und deinen Heißhunger reduzieren und dein Sättigungsgefühl wiederherstellen. 

Dann kannst du von alleine früher aufhören und später wieder anfangen zu essen, ohne dass du das Gefühl hast, dir etwas verbieten zu müssen.

Auf längere Sicht betrachtet führt dich das natürliche Sättigungsgefühl wiederherzustellen zu dem Essverhalten, das von Natur aus für dich vorgesehen. Das kannst du dann auch ohne große Anstrengung beibehalten.  

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Martina Aust
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  1. Hi Martina,
    ich finde, du hast mit dem Artikel den Nagel auf den Kopf getroffen – zumindest, was mich persönlich angeht.😉 Ich finde mich in mehreren Punkten wieder und vor allem deinen letzten Satz finde ich total wichtig und richtig.😊
    LG und einen schönen Sonntag wünsche ich dir.

    1. … schön, dass Du Dich darin wiedergefunden hast. Das ist ja auch immer meine Absicht beim Schreiben und ich freue mich jedes mal, wenn es klappt 😉 Liebe Grüße, Martina.

  2. Hallo,
    danke für den Artikel. Bei vielen Punkten finde ich auch mich wieder. Erst wenn man sich einmal wirklich damit beschäftigt hat, kann man verstehen warum man kein Sättigungsgefühl mehr hat und kann das mit ein bisschen Anstrengung auch wieder positiv beeinflussen, Vielen hat sich halt leider als Gewohnheit verfestigt.
    VG
    Melli

    1. Liebe Melli, ja so ist es. Wenn man sich die Gründe dafür anschaut, kann man seine Bauchgefühle zum Glück Schritt für Schritt wieder zurückholen. Und das wirkt sich nicht nur aufs Essen positiv aus 🙂 LG Martina

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