Die meiste Zeit zerbrechen wir uns den Kopf darüber, was andere über uns denken. Werde ich so gesehen wie ich bin? Traut man mir das zu? Bekomme ich die Unterstützung, die ich so dringend brauche? Halten mich die anderen für …?

Das scheint die Ursache unseres Unglücks und vieler Probleme zu sein. Die anderen müssten ihr Verhalten ändern und uns anders sehen, besser unterstützen und vor allem mehr wertschätzen.

Aber wohin geben wir damit die Macht über unser Wohlbefinden ab? Wie können wir dann noch etwas zum Positiven verändern?

Viel wichtiger als das, was andere über uns denken, ist das, was wir selbst über uns denken. Unser Selbstwert.

Vereinfacht gesagt, ist der Selbstwert die Summe deiner Urteile über dich selbst.

Selbstwert und Gewicht

Aber wie bist du zu diesen Urteilen gekommen?

Hast du sie ganz allein gefällt oder haben das andere übernommen - gab es Geschworene?

Natürlich ist dein Urteil auch von dem beeinflusst, was du seit deiner Kindheit gehört, erlebt, gesehen und gelesen hast. Angefangen bei dem, was du in deinem Elternhaus mitbekommen hast.

Worauf wurde bei dir zu Hause wert gelegt? In welchen Bereichen musstest du eine bestimmte Leistung erbringen, um dir den Stolz und die Liebe deiner Eltern zu verdienen? Hast du es jemals geschafft?

Wie haben deine Eltern über sich selbst gedacht? Meist wollen Eltern für ihre Kinder nur das Beste. Komischerweise ist das ja meist etwas anderes, als sie selbst hatten. Dadurch vermitteln sie dir, worauf es im Leben ankommt, wenn man glücklich werden will. Dabei lernst du dann aber auch, dass sie es irgendwie nicht sind.

Hadert die Mutter z.B. mit ihrer eigenen Figur und ihren Vorstellungen davon und kreist innerlich um dieses Thema, lernt die Tochter, dass das offensichtlich wichtig ist. Der eigene Körper wird die Messlatte dafür, ob man mit sich zufrieden sein darf oder nicht.

Später kommen dann noch die Bewertungen von Freunden, Klassenkameraden, Lehrern und aus allen Informationsquellen, die wir regelmäßig konsumieren, dazu.

Hauen sie in dieselbe Kerbe, verstärkt das häufig den entsprechenden Teil unseres Selbstbildes. Unterscheiden sie sich davon, können wir meist besser damit umgehen. Dann merken wir, dass der Schuh nicht passt und ziehen ihn uns gar nicht erst an.

Je besser du dein eigenes Urteil von dem anderer trennen, alte Urteile revidieren und neue treffen kannst, desto mehr Macht hast du über dein eigenes Selbstbild und deinen Selbstwert.
Das gibt dir die Möglichkeit dein Wohlbefinden selbst zu beeinflussen.  

Ob deine Urteile lebenslänglich gelten oder du in die nächste Instanz gehst, sie prüfst und neu entscheidest, liegt an dir.


In Berufung gehen, loslassen - und neu bewerten. 

Welches Bild hast du von dir selbst? Viele deiner emotionalen Erfahrungen haben etwas damit zu tun, wie du dich selbst siehst.

Dein Selbstwert beeinflusst das innere Bild, das du von dir hast. Dieses Bild bestimmt deine täglichen Gedanken. Die Gedanken und Sorgen, die du dir deswegen machst, lösen deine Gefühle aus. Aus diesen Gefühlen heraus handelst du. Dein Verhalten prägt deine Erfahrungen und bestätigt damit wieder dein inneres Bild.  

Es ist also eine Art Kettenreaktion oder ein Kreislauf, wenn du so willst.

mein Eigenbild -> meine Gedanken -> meine Gefühle -> mein Verhalten -> meine Erfahrung


Beobachte diesen Ablauf mal eine Zeit lang in deinem Leben und nimm ihn bewusst wahr.

Wenn du die Zusammenhänge erkennst und annehmen kannst, schaffst du selbst die Voraussetzung daran etwas ändern zu können.

Du entscheidest, ob der Ablauf so ist:

negatives Eigenbild -> verurteilende Gedanken über mich -> schmerzhafte Gefühle -> unbewusstes Verhalten -> negative Erfahrungen


oder so:

wohlwollende Gedanken über mich -> liebevolle Gefühle -> achtsames Verhalten -> positive Erfahrungen -> positives Eigenbild


So weit - so gut. Dein empfundener Wert, deine Gefühle und dein Verhalten sind nicht unabhängig voneinander. Ganz im Gegenteil sie bedingen sich, sind Ursache und Wirkung.


Und was hat das mit deinem Essverhalten zu tun?

Diese Zusammenhänge wirken in allen Bereichen deines Lebens. Das Verhältnis, das du zum Essen hast, ist ein Teil der Beziehung, die du zu dir selbst hast. Hier kann, wie in einem übergroßen Spiegel, sichtbar werden, was dir selbst nicht bewusst ist.

Durch die Art wie du isst, kannst du deine Wertschätzung dir selbst gegenüber ausdrücken, deine negativen Gefühle runterschlucken oder dich sogar selbst bestrafen. Je unbewusster du dabei vorgehst, desto schneller und unvermeidlicher läuft die Kettenreaktion ab.

ich habe keine Selbstdisziplin -> Schuldgefühle, Versagen, Schmerz -> emotionales (Frust-) essen -> ich habe es wieder nicht geschafft  -> ich bin und bleibe ein Versager


Damit vollziehst du dein eigenes Urteil und bestätigst es immer wieder.  

Dein Heißhunger Selbsttest
Freispruch: Die Selfies ansehen, loslassen und neue machen.

Du ahnst es wahrscheinlich schon: Diesen Kreislauf zu durchbrechen ist nicht ganz einfach. Es wird dir auch nicht von heute auf morgen gelingen. Aber wenn du den Zusammenhang erkannt hast, weißt du auf jeden Fall, wo du ansetzen kannst.

1 | Alte Urteile revidieren und loslassen

Zunächst ist es wichtig deine eigenen Bewertungen von denen anderer zu trennen. Wo schleppst du immer noch längst überholte Sichtweisen deiner Eltern, Lehrer, Ex-Partner und Chefs mit dir herum?

Schreibe alles auf, was dir dazu einfällt und überlege, ob es aus deiner heutigen Sicht wahr ist.

Wie behindert es dich, wenn du es für wahr hältst?

Was war mal wahr, hat aber jetzt keine Relevanz mehr, weil du dich längst verändert hast?
Wo kannst du dich durch eine neue Bewertung selbst befreien?

Streiche auf der Liste durch, was nicht mehr gilt und schreibe darüber was deine aktuelle Einschätzung ist. Auch wenn sich der aktuelle Stand noch nicht befriedigend anfühlt, erkennst du, dass du schon in die richtige Richtung unterwegs bist. Das gibt dir die Sicherheit, dass du auch die nächsten Schritte schaffst.  

2 | Überzeugungen verändern

Nachdem du die überholten fremden Urteile beleuchtet und ausgemistet hast, geht es an deine eigenen Phantome.

Deine Selbstbewertung erzeugt deine Gedanken und beeinflusst damit deine Gefühle und dein inneres Wohlbefinden. Daher liegt der Schlüssel zur Veränderung in dir und nicht in der Veränderung deines Körpers.

Welche Irrtümer und Fehleinschätzungen kreisen immer wieder durch deine Gedanken und halten dich damit in deiner eigenen Zelle gefangen?

Wie gehst du selbst jeden Tag mit dir um?

Wenn du deinen inneren Kritiker, den Fiesling und Dauernörgler, zu oft von der Leine lässt, schwächst du dich selbst. Ständig auf sich selbst herum zu hacken, bringt dich nicht nur schlecht drauf, sondern führt auch zu einem Gefühl der Minderwertigkeit.

Wie du deinen inneren Kritiker nutzt, um dir bewusst zu machen, wo und wie du eine Veränderung in Angriff nehmen kannst, habe ich hier schon einmal beschrieben.

Wenn du liebevoll und wohlwollend mit dir sprichst und dich motivierst, ohne dich zu kritisieren, stärkt das auf Dauer dein Selbstwertgefühl.

Ich bin noch nicht da,
wo ich sein sollte.
Doch Gott sei Dank bin ich auch nicht mehr dort,
wo ich mal war.
Ich bin auf dem Weg.

Joyce Meyer


3 | Annehmen und neue Gefühle entdecken

Wahrscheinlich würdest du dich gerne besser fühlen. Die Aufmerksamkeit und die Komplimente, die du dir insgeheim von anderen wünschst, kannst du dir auch selber geben.

Das soll nicht etwa dazu führen, dass du dann gar keine Komplimente mehr von anderen bekommst. Im Gegenteil, es schafft erst die Voraussetzung dafür, dass andere auch das in dir sehen können, was du selbst schon entdeckt hast.

Dazu ist es auch nicht notwendig, dass du dich selbst mit Affirmationen nach dem Motto “Ich bin ein wundervoller Mensch und ich liebe mich und meinen wunderschönen Körper” überschüttest. Wenn dein inneres Selfie etwas anderes zeigt, wird sich wahrscheinlich alles in dir dagegen sträuben.

Du kannst aber deine Einstellung zu dir und deinem Körper langsam ändern. Du kannst ihn erst mal so annehmen, wie er ist. Wenn du deinen Fokus von dem, was er alles nicht ist, auf das lenkst, für das du ihm dankbar bist, verändern sich auch deine Gefühle.

Bedenke, dass dein Körper deiner Seele erst die Möglichkeit verschafft, wertvolle Erfahrungen in diesem Leben zu machen.

Nimm dir etwas Zeit und beantworte dir die folgenden Fragen am besten schriftlich:

  • Was hat mein Körper schon alles für mich getan?
  • Wo hat er mich bisher schon hingetragen?
  • Was wäre ohne ihn nicht möglich gewesen?
  • Welche Freude spendet er mir?

Ergänze deine Liste, sobald dir wieder ein neuer Punkt einfällt. Wenn dir das leicht gefallen ist und du mit deinen Aufzeichnungen zufrieden bist, kannst du einen Schritt weiter gehen.

Überlege dir, was du gerne von anderen hören würdest.

  • Welches Kompliment, dass ich gerne hören würde kann ich mir selber machen, weil es verdammt nochmal WAHR ist?
  • Was mag ich an meinem Körper?


Nimm ein leeres Blatt Papier und schreibe einen Brief an deinen Körper, als ob du einem guten Freund schreiben würdest:

Lieber Körper,

was ich besonders an Dir schätze, ist …


Liste darunter jede positive Eigenschaft auf, die dir einfällt. Wenn du im ersten Anlauf die Seite nicht voll bekommst, mach dir nichts draus. Nimm die Liste einfach regelmäßig vor, denke kurz nach und ergänze sie Punkt um Punkt.

Wenn du deinen Verstand so trainierst, fallen dir dann ganz von alleine immer mal wieder neue Punkte ein. Beim Duschen, beim Putzen, immer dann, wenn du deine Gedanken schweifen lässt.

Das ist dann auch ein sicheres Zeichen dafür, dass du dabei bist dich selbst umzuprogrammieren. Damit gibst du den Weg dafür frei, dass auch andere deine Vorzüge bemerken.

Und als ob das noch nicht genug wäre: Dadurch kannst du Komplimente von anderen auch besser annehmen, denn sie widersprechen nicht mehr deinem eigenen Urteil.


Man sollte weniger Wert auf sein Gewicht und dafür mehr Gewicht auf seinen Wert legen.  


4 | Neue Erfahrungen - neue Selfies

Bei diesem Schritt setzt du an den Erfahrungen an und lenkst den Fokus weg von den Makeln und hin zu deinen Stärken. Deine eigenen Vorzüge ins Rampenlicht zu stellen verbessert auf Dauer dein Selbstwertgefühl.

Und wenn du meinst keine Stärken zu haben - schau besser hin! Lerne dich kennen. Neugierig zu sein und dich auszuprobieren sorgt dafür, dass du deine verborgenen Potenziale entdeckst.

  • Was kannst du tun, dass dir positive Gefühle verschafft?
  • Bei welchen Aktivitäten fühlst du dich wohl und hast das Gefühl in deinem Element zu sein?
  • Welche Aktivitäten haben einen positiven Effekt auf dein Körpergefühl? 

Welches längst vergessene Hobby könntest zu wiederbeleben?

Ob du mal wieder ganz in Ruhe etwas bastelst, dir eine Massage gönnst, einen Schminkkurs besuchst oder die Inline Skates aus dem Keller holst.

Mit Sicherheit gibt es unzählige Aktivitäten, die dir ein positives Erlebnis mit dir selbst und deinem Körper verschaffen und damit den Startpunkt für eine neue, positive Kettenreaktion setzen können.

Je öfter und regelmäßiger du positive Erfahrungen mit dir selber machst, desto größer ist der Korrektureffekt auf dein Eigenbild.

Und umso positiver fällt dein Urteil gegenüber dir selbst aus.


Wie dein Selbstwert unbewusst deine Gefühle und dein Essverhalten beeinflusst.

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Martina Aust
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