Dieser Artikel ist für dich, wenn du das Gefühl hast vom Leben und anderen Menschen nicht das zu bekommen, was du brauchst. Oder, wenn du ohne Ende rödelst und weder Zeit noch Energie für dich selbst übrig bleibt. In beiden Fällen kann es sein, dass unbewusst eine Opferrolle angenommen und damit die Macht über dein Leben abgegeben hast.

Die klassische Definition der Opferrolle ist, dass jemand sich in eine Position begibt, in der er sein eigenes Verhalten nicht überdenken muss. Er fühlt sich als Opfer und gibt damit anderen die Schuld an seinem empfundenen Leid. Das heißt auch, dass er seine eigenen negativen Emotionen auf andere projiziert. (Quelle: Bedeutung Online)

Wenn du jetzt absolut sicher bist, dass das auf dich nicht zutrifft, kann es trotzdem sein, dass du dich in einer zweiten Art von Opferrolle befindest - aber eins nach dem anderen.

Du bist der Meinung, das Leben schuldet dir etwas und fragst dich, wann du es endlich bekommst.

Anzeichen für diese Art der Opferrolle sind:

  • Dein Leben sieht nicht so aus, wie du es dir vorstellst.
  • Die äußeren Umstände oder andere Menschen sind der Grund dafür.
  • Dein Leben kann nur besser werden, wenn sich das ändert.

Vom Leben bekommst du nicht das, was du verdient hast oder was du aus deiner Sicht brauchst. Andere Menschen verhalten sich dir gegenüber nicht so, wie du es dir wünschst. Sie zeigen zu wenig Respekt, übernehmen zu wenig Verantwortung, kümmern sich zu wenig um dich.

Allen voran deine Eltern, die sich nie so verhalten haben, wie du es dir gewünscht hast. Dein Partner, der dir nicht das gibt, was du brauchst, dein Chef, deine Freundin, die Politiker, das ganze System, Corona, dein Alter, deine Gene … die Liste kannst du endlos weiterführen.

Auf den Punkt gebracht, liegt der Grund dafür, dass du nicht das Leben hast, was du dir wünschst, irgendwo da draußen.

Dadurch entsteht das Gefühl, den Umständen hilflos ausgeliefert zu sein und keine Kontrolle über das eigene Leben zu haben. Das ist auch so, denn du wartest ja darauf, dass andere etwas tun.

Das, was du damit aussendest, bestimmt allerdings unbewusst dein Leben. Du gibst deine Macht ab, wartest und reagierst nur auf die äußeren Umstände.

Meistens mit Beschwerden und Jammern.

Deine Eltern sollten dir endlich mit Respekt begegnen, dein Chef deine Leistung anerkennen und dein Partner sich wirklich mal für das bedanken, was du schon alles für ihn getan hast.

Denn das ist überfällig. Und du hast ein Recht darauf.

Und, wenn das alles nicht passiert? Was machst du dann?

Schmollst du, bis sie es endlich merken?

Bestrafst du sie?

Gehst du zum Anwalt?

Versuchst du Karma auf die Sprünge zu helfen?

Wer sich in der Opferrolle befindet, zieht oft vermeintlich Kraft und Trost aus der Aufmerksamkeit und dem Mitleid von anderen.

Sich zu beklagen und Wiedergutmachung zu verlangen sind meist ganz spontane und verständliche Reaktionen, in dem Moment, wo man sich verletzt fühlt. Das ist nachvollziehbar und völlig ok.

Wer allerdings dauerhaft in dieser Stimmung und Position verharrt, begibt sich unbewusst in die Rolle eines Kindes, das gefallen ist und darauf wartet, von einem Erwachsenen aufgehoben und getröstet zu werden. Jemandem, der ihm versichert, dass er sich kümmern und alles wieder gut wird.

Das hört sich sehr tröstlich und sicher an. Solange man sich allerdings in der Rolle des bedürftigen Kleinkindes befindet, das versorgt werden muss, um überleben zu können, ist man gleichzeitig auch den Erwachsenen ausgeliefert.

Und das haben wir ja aus gutem Grund irgendwann hinter uns gelassen oder eben auch nicht.

Denn nur derjenige, der die Verantwortung hat, ist der Bestimmer und kann Entscheidungen treffen und damit die Voraussetzung für Veränderung schaffen.

Willst du mehr Macht über dein Leben, beobachte deine Bewertung und Reaktion auf das, was dir passiert und verändere sie.

Du bist der Meinung, du schuldest dem Leben etwas und tust alles, um das zu erfüllen.

Anzeichen für diese Art der Opferrolle sind:

  • Du übernimmst freiwillig Verantwortung vor allem auch für andere.
  • Mit Empathie und Mitgefühl, hilfst du, wo du kannst und sorgst dafür, dass sich alle gut fühlen.
  • Du fühlst dich oft erschöpft und ausgelaugt.

Um die Erwartungen der anderen zu erfüllen, läufst regelmäßig die Extrameile und hoffst dafür anerkannt und geliebt zu werden. Damit man dich wahrnimmt und akzeptiert, meinst du viel leisten zu müssen.

Weil du siehst, dass andere auch mit ihren Themen kämpfen, sagst du meist nichts, wenn sie deine Grenzen überschreiten oder dich verletzen. Die Harmonie ist dir wichtiger, denn dafür fühlst du dich verantwortlich.

Du vergibst anderen leicht oder sagst dir „Schwamm drüber“, weil du ja nicht SO bist - nicht so sein willst.

Keine Zicke. Nicht schwierig. Keine Drama-Queen.

Nur leider bleibt der Applaus aus. Der Dank. Die Wertschätzung.

Auch du hast auch Grenzen, auch wenn du sie selbst oft schon nicht mehr spürst. Aber wenn die dauerhaft übertreten werden, geht das an deine Reserven.

Natürlich ist es gut, anderen zu helfen. Ihnen in einer Notsituation aufzuhelfen, wenn sie gestürzt sind und sie zu stützen, wenn sie straucheln. Du kannst sie allerdings nicht durchs Leben tragen.

Je mehr andere Menschen du dauerhaft zur Betreuung unter deine Fittiche holst, desto mehr nimmst du dir selbst die Fähigkeit zu fliegen.

Genauso wie du selbst Verantwortung für dein Leben übernehmen musst, müssen es andere auch tun. Und es hilft ihnen auf Dauer auch nicht, denn damit geraten sie selbst in die Opferrolle, weil sie irgendwann meinen, ihr Wohlergehen hänge von deiner Hilfe und Fürsorge ab.  

Natürlich haben sie auch ihre Themen und Trigger, aus denen heraus sie handeln. Die Tatsache, dass du das erkennst, heißt aber nicht, dass du dir alles gefallen lassen musst.


Wenn du ihre wunden Punkte nicht absichtlich anzielst und respektvoll und wertschätzend mit ihnen umgehst, bist du nicht verantwortlich für ihre Gefühle und die inneren Programme, die dadurch bei ihnen anspringen.  

Es ist nicht deine Aufgabe, dich möglichst klein und unsichtbar zu machen, nur damit bei anderen keine Gefühle von Konkurrenz, Neid und Missgunst aufkommen.

Falls das nicht der erste Artikel ist, den du von mir liest und du dich auch für die Ursachen von emotionalem Essen interessierst, sei an dieser Stelle erwähnt: Emotionale Esser gehören in der Regel zur zweiten Gruppe der unbewussten Opfer.

Sie projizieren ihre eigenen negativen Gefühle weniger auf andere, sondern entlasten sie, indem sie ihnen ihre abnehmen und sich zusätzlich aufladen. Damit sind sie oft mehrfach belastet und benötigen einen starken Bewältigungsmechanismus, um mit dieser Schwere klarzukommen.

Da kommt das Essen ins Spiel. Und solange die Mechanismen dahinter nicht erkannt und von innen heraus gelöst sind, wird es an der Stelle auch dringend gebraucht.

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Die eine Opferrolle ist nicht besser als die andere. In beiden Fällen hast du dein Leben nicht wirklich selbst in der Hand.

Die Welt schuldet dir nichts, so wie du der Welt nichts schuldest. Sie reagiert allerdings auf deine Energie und damit erschaffst du dir die Umstände deines Lebens selbst, egal ob du es bewusst oder unbewusst tust.

Also vielleicht doch lieber bewusst und mit der richtigen Absicht dahinter?

Wie du aus eigener Kraft die Opferrolle verlassen kannst.

1 | Prüfe, ob du dich in einer Opferrolle befindest.

Zu welcher der beiden Arten neigst du eher? Meistens hat man eine Tendenz in die eine oder andere Richtung.

Es kann aber sein, dass man das nicht in allen Bereichen des Lebens lebt. Also z.B. in der Beziehung zu den Eltern in der Opferrolle bleibt, aber dem Partner gegenüber nicht, weil man den im Erwachsenenalter schon bewusst anders gewählt hat.

2 | Übernimm Verantwortung für dich und dein Leben.

Mache dir klar, dass die Umstände in deinem Leben etwas mit dir zu tun haben. So wie du fühlst, denkst und handelst, gestaltet sich auch dein Leben.

Nur wenn du selbst am Steuer sitzt, kannst du auch die Richtung bestimmen.

3 | Akzeptiere, dass du manches nicht ändern kannst.

Du wirst deine Eltern wahrscheinlich nicht mehr ändern. Entweder sie tun es aus eigenem Antrieb oder eben nicht. Also warte nicht darauf, mach nicht immer wieder dasselbe, um eine erwünschte Reaktion von ihnen zu bekommen, die nie eintreten wird.

Überlege, was du selbst anders machen kannst, um dich besser zu fühlen.


4 | Ziehe eine Grenze zwischen den Emotionen anderer und deinen eigenen.

Weder sind andere Menschen dafür verantwortlich, wie du dich fühlst, noch bist du dafür verantwortlich, dass sich alle immer gut fühlen und Harmonie allüberall herrscht. Mach dir das klar.

Wo ist dein Hoheitsgebiet? Wo endet es und wo beginnt das Hoheitsgebiet von anderen Menschen in deinem Leben? Was ändert sich, wenn jeder Verantwortung für seine eigenen Gefühle übernimmt?

5 | Frage dich, welche innere Veränderung es bei dir braucht, um den Leben nach deinen Wünschen zu gestalten.

Je mehr wir uns bewusst sind, dass Veränderung von innen nach außen funktioniert, desto mehr Macht haben wir über unser Leben.

Mache dir klar, was du vermisst oder was sich verändern soll. Fehlt dir z.B. Respekt bei anderen Menschen, überprüfe, wie sehr du dich selbst respektierst.

Das, was du nach außen ausstrahlst, empfangen andere unterschwellig und begegnen dir genau so.

Suche dir einen ersten Punkt heraus und setze da an.

Schau dir deine Lebensumstände an und überlege, wo du eine Veränderung willst.

In welchen Beziehungen zu anderen Menschen läuft es nicht so, wie du es dir wünschst?

Opferrolle ablegen

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Mach dir eine Liste von Dingen, die du selbst beeinflussen kannst und die du aus eigener Kraft verändern kannst, ohne dass du andere dazu brauchst.

Lass dich nicht mehr von außen triggern und runterziehen, sondern trainiere ein anderes Verhalten. Lasse los und vergib.

Das verändert das, was du ausstrahlst und damit fangen andere mit der Zeit an, anders auf dich zu reagieren.

Du glaubst nicht, dass das etwas bringt? Versprich dir selbst, es 4 Wochen ernsthaft zu versuchen und auch durchzuhalten.

Wenn du dann keinerlei Veränderung bemerkst, hast du zumindest nichts verloren. Wenn sich etwas zum Positiven hin verändert, hänge nochmal 4 Wochen dran.

Irgendwann wird es dann zu einer neuen Normalität und du hast endgültig die Opferrolle verlassen.

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Martina Aust
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  1. „Das, was du nach aussen ausstrahlst, empfangen andere unterschwellig und begegnen dir genau so“ – Mir selber auf der Schliche kommen, was sind die unbewussten Muser die mich prägen? Fokussiere in mir den Zwiespalt: als Person „gewichtiger“, im Erscheingungsbild „leichter“ werden. Daran arbeite ich und bin dabei auf die Reaktanz (Carmen Thomas) den Blindwiderstand gekommen. „Als Reaktanz im eigentlichen Sinne bezeichnet man dabei nicht das ausgelöste Verhalten, sondern die zugrunde liegende Motivation oder Einstellung.“

  2. Hallo Martina,
    es erschreckt mich, wie gut du mich doch kennst.

    Ich lebe die erste Opferrolle. Bezüglich meines Sohnes fühle ich mich nicht richtig anerkannt, er kümmert sich nicht um mich und beachtet mich meiner Meinung nach nicht.
    Ich merke, wie sehr ich in dieser Opferrolle verwurzelt bin und weiß überhaupt nicht, wo ich ansetzen soll. Kaum treffe ich ihn, klappt unsere Kommunikation nicht und ich fühle mich von seinen Worten verletzt. Nun habe ich mich „beleidigt“ zurückgezogen und spüre, solange ich nichts mit ihm zu tun habe, geht alles gut und ich fühle mich auch gut. Aber kaum komme ich in irgendeiner Form mit ihm oder seiner Familie in Berührung, schmerzt es schon wieder. Ruft er an, tut es mir nicht gut. Kümmert er sich nicht um mich, leide ich auch. Wie kann ich denn aus dieser Misere rauskommen? Und das alles hat natürlich auch mit meinem Essverhalten zu tun. Ich bin unersättlich, kann nicht genug bekommen, esse, wenn ich traurig, verletzt, einsam bin.
    Gibt es dafür eine Lösung oder einen Ausweg?
    Liebe Grüße
    Evelyn Mayer

    1. Liebe Evelyn, es freut mich, dass Dich meine Beschreibung angesprochen hat ;-). Diese Automatismen, die Du beschreibst, setzen ein, weil wir alte Verletzungen nicht geheilt, sondern verdrängt haben. Solange kein Trigger da ist, fühlt sich alles gut an, sobald wir wieder in Kontakt kommen, ist alles so wie früher. Die Zeit allein heilt halt doch nicht alle Wunden. Erstmal ist es ein guter Anfang, dass Du das erkannt hast und mit etwas Abstand betrachten kannst. Als Nächstes kannst Du Dir die Gefühle genauer ansehen, die da jedes Mal hochkommen. Woher kennst Du sie? Seit wann sind sie da und an welche Situation erinnern sie Dich? So kommst Du den Ursprungssituationen auf die Spur, die da immer wieder hochkommen. Dann kannst Du Dich fragen, ob es da einen alten Schmerz gibt, den Du loslassen kannst oder ob Vergebung Dir Erleichterung verschaffen würde. Lies dazu auch mal in diesen Artikel rein: https://einfach-loslassen.com/allgemein/wie-lasse-ich-los/.
      Wenn Du auf den Schmerz mit Essen reagierst, wird jedes Loslassen von alten Verletzungen Dir auch bei Deinem Essverhalten zugutekommen. Liebe Grüße Martina

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