Dass nicht alles in deinem Leben bisher so gelaufen ist, wie du es dir vorgestellt hattest, ist normal. Dass du der Meinung bist, das eine oder andere hättest du dir auch sparen können, auch. Deshalb ist sich selbst verzeihen und die Vergangenheit loslassen zu können ein wichtiger Schritt, um unbelastet in die Zukunft zu blicken.

Leider ist es so, dass wir mit uns selbst in der Regel am härtesten ins Gericht gehen. Während wir inzwischen wissen, dass das Festhalten an Wut, Ärger und Schuldzuweisungen anderen gegenüber nicht nur verschwendete Zeit ist, sondern uns am Ende sogar selbst schadet, läuft es mit der Selbstvergebung oft eher so mittelprächtig.

Das liegt unter anderem daran, dass man gar nicht so leicht erkennt, an welchen Stellen sie nötig wäre. 

Es gibt aber bestimmte Signale und auch wiederkehrende Gefühle, die ein Hinweis darauf sein können, dass man zu hart zu sich selbst ist.

Sich selbst verzeihen - innerer Friede - einfach loslassen

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Relativ harmlos und versteckt zwischen dem ganzen Mist, den der innere Radiosender den ganzen Tag so spielt, kommen die Selbstkritik und die Selbstvorwürfe daher.

Je länger wir sie praktizieren, desto vertrauter und unauffälliger mischen sie sich unter das, was die innere kritische Stimme nicht müde wird, anzumeckern.

Sie werden so zu einem vertrauten Teil unserer Innenwelt und irgendwann gar nicht mehr infrage gestellt.

Je mehr alte Geschichten mit Gefühlen des Bedauerns oder versagt zu haben darunter sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass man überflüssige Schuldgefühle mit sich herumschleppt.  

Klare Signale dafür sind Gedanken, die so beginnen:

Hätte ich …
Ich hätte nicht …
Wenn ich damals nur nicht …, dann …
Warum habe ich nur …
Warum bin ich nur so …

Was man sich selbst nicht verzeihen kann

Ein Leben, das ohne Umwege, Sackgassen, Konflikte und emotionale Wunden auskommt, ist eine Illusion. Jedenfalls kenne ich niemanden, bei dem das bei näherem Hinsehen der Fall wäre.

Trotzdem glauben wir automatisch, dass andere weniger Probleme haben als wir selbst, aus einer liebevolleren Familie kommen, bessere Beziehungen führen, mehr oder zumindest verlässlichere Freunde haben.

Also muss es ja irgendwie an uns liegen. Etwas stimmt mit uns nicht oder wir machen zumindest grundsätzlich etwas falsch.

Deshalb sind wir übermäßig streng mit uns selbst und lassen uns selbst nicht vom Haken, wenn es darum geht:

  • falsche Entscheidungen getroffen zu haben
  • gescheitert zu sein
  • andere verletzt oder im Stich gelassen zu haben
  • gegen die eigenen Werte gehandelt haben
  • von anderen abgelehnt worden zu sein
  • nicht die gewünschte Kontrolle über das eigene Verhalten zu haben (Ängste, Lebensstil etc.)
  • Dinge immer wieder aufzuschieben oder nicht anzugehen

Theoretisch könnte wahrscheinlich jeder zu jedem einzelnen dieser Punkte mindestens ein Beispiel aus seinem Leben finden.

Manche müssten etwas länger suchen, bei anderen würden die Gedanken nur so sprudeln.

Ob du das dann aber wirklich regelmäßig tust und wie viele Beispiele dir zu jedem Thema einfallen, hängt stark davon ab, wie streng und unverzeihlich du dir selbst gegenüber bist. 

Es ist unvermeidlich, dass die Dinge manchmal nicht so laufen, wie du es geplant hast.

Genauso wenig lassen sich Herausforderungen vermeiden oder kontrollieren. Und von Zeit zu Zeit müssen wir die Dinge auch in einer Schleife öfter wiederholen, bis wir das Wesentliche erkennen und dann die Ausfahrt finden.

Absolut vermeidlich ist es allerdings, unser Leid dadurch um Monate, Jahre oder Jahrzehnte zu verlängern, indem wir diesen Zustand in uns selbst konservieren und mit unseren negativen Selbstgesprächen am Leben erhalten.

Welchen Schaden richten Selbstvorwürfe an?

Die Lebenserfahrungen, die wir machen und ihre oft unerwünschten Begleiterscheinungen sind das Eine. In der Regel lassen sie sich nicht wirklich vermeiden und schon gar nicht im Nachhinein ungeschehen machen.

Wirklich ungesund wird es allerdings, wenn wir an der Vorstellung, es hätte anders laufen sollen und können, festhalten.

Damit kleben wir uns an die Vergangenheit anstatt das, was wir wahrscheinlich daraus gelernt haben, positiv für die Zukunft zu nutzen.

Wir wälzen die immer selben Gedanken von rechts nach links und führen ihnen so immer wieder neue Energie zu. 


Dabei ist uns nicht bewusst, dass sich auf diese Weise nicht die Vergangenheit verbessert, sondern unser Verhalten negative Auswirkungen in der Gegenwart hat.

Aus diesen Gründen ist absolut vorteilhaft, damit aufzuhören:

1 | Das ständige Nähren toxischer Energien wie Schuld- und Schamgefühle führt zu einem erhöhten inneren Stresslevel. Damit blockierst du deine Feinfühligkeit und Intuition, störst die Kommunikation mit dir selbst und verlierst den Kontakt zu deinen seelischen Bedürfnissen.

2 | Wenn du den Fehlern aus der Vergangenheit eine große Bedeutung gibst, erhöht das die Angst vor Wiederholung. Das kann zu einem Vermeidungsverhalten und Entscheidungsschwäche führen und dich in der Gegenwart und Zukunft ausbremsen.

3 | Der permanente parallele Aufenthalt in der Vergangenheit kostet viel Energie und reduziert damit deine Aufmerksamkeit, Vitalität und Lebenskraft für deinen Alltag.

4 | Das andauernde Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben und so wie du bist, nicht richtig zu sein, kostet dich auf Dauer Unbeschwertheit und Leichtigkeit in deinem Leben.

Die Angst vor möglichen Fehlern oder einem Versagen in der Zukunft, reduziert sich, wenn man sich selbst verzeihen und Selbstverurteilung loslassen kann.

Warum du Selbstvorwürfe loslassen darfst

Wir halten häufig an unseren Selbstvorwürfen fest, weil wir uns immer noch schuldig fühlen. Deshalb meinen wir kein Recht zu haben, mit uns selbst im Frieden zu sein und uns wohl zu fühlen.

Dabei haben wir die verrückte Vorstellung, dass unser Leben in Zukunft nur besser werden kann, wenn wir jeden Tag wachsam sind und möglichst kritisch und streng urteilend mit uns selbst umgehen.

Würden wir auf die Art versuchen, jemand anderen zu motivieren? 


Nein, natürlich nicht. Nur mit uns selbst gehen wir dermaßen hart ins Gericht. 


Dabei gibt es leicht nachvollziehbare und logische Gründe, warum wir mehr Verständnis für uns selbst aufbringen und damit ruhig auch liebevoller und sanfter mit uns umgehen dürfen. 


Welche das sind?

Ein paar Beispiele, die du deinem inneren Kritiker an den Kopf werfen kannst 😉 :

1 | Dich selbst kleinzumachen und deinen Selbstwert regelmäßig von innen heraus zu vergiften, hat in der Vergangenheit höchstwahrscheinlich nicht zu positiven Veränderungen geführt. Warum also daran festhalten?

2 | Vieles, was wir selbst als Fehler interpretieren, gehört zur menschlichen Erfahrung dazu und passiert anderen ganz genauso wie dir selbst. Sieh dich um oder sprich mit anderen darüber, um das zu überprüfen.

3 | Wir lernen aus unseren Erfahrungen, aus den negativen in der Regel mehr als aus den positiven. Deshalb gibt es immer wieder Phasen, in denen wir uns durch den Dreck durchkämpfen müssen. Und wer hat sich den Mist ausgedacht? Wahrscheinlich wir selbst, als wir uns überlegt haben, was wir in diesem Leben lernen wollen. Falls du auf der Suche nach dem Sinn deines Lebens bist, wird es hier ganz warm. 😉

4 | Daraus folgt: Auch andere Seelen wollen bestimmte Erfahrungen machen, in die wir oft mit hineingezogen werden oder die für uns nicht nachvollziehbar sind. Du bist weder für die Lernaufgaben noch für die Gefühle der anderen verantwortlich. Wenn du daran besonders zu knabbern hast: Willkommen im Club :-).

5 | „Du bist ein nicht perfekter Mensch in einer nicht perfekten Welt.“ Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Es steht aber schon seit Ewigkeiten in meinem Journal und hilft mir immer wieder die Perspektive zu wechseln.

6 | Es ist eine Fehlannahme, dass Vergebung von außen kommen muss. Deshalb hast du die Macht, selbst etwas zum Positiven zu verändern.

7 | Innere Grübeleien und Schuldgefühle sind zermürbend, zerstören deinen inneren Frieden und führen zu Erschöpfung. Unerwünschte Bewältigungsmechanismen wie emotionales Essen können die Folge sein.

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Es ist eine wirklich unangenehme Erkenntnis, dass das Leben nichts ist, was man kontrollieren kann oder was dazu gedacht ist von uns kontrolliert zu werden.

Was wir allerdings zu einem großen Teil kontrollieren können, ist die Art, wie wir darauf reagieren und das, was wir - vor allem über uns selbst - denken.

Sich selbst verzeihen: 4 konkrete Schritte

Das Konzept von Schuld und Sühne hat eine jahrtausendelange Tradition in unserer Gesellschaft. Die Vorstellung, nicht loslassen zu dürfen, bevor wir nicht von einer höheren Instanz von unserer (vermeintlichen) Schuld befreit wurden oder sie abgebüßt haben, kann uns in selbstschädigendem Verhalten festhalten. 

Es nützt allerdings niemandem, wenn du dich täglich schwächst - für Dinge, die schon Jahre zurückliegen und unter denen wahrscheinlich nur noch eine(r) leidet, nämlich du selbst.

Wenn du für dich selbst erkannt hast, dass das Festhalten an Selbstverurteilung zu keinerlei positiven Ergebnissen führt, hast du die beste Ausgangssituation, um mit Selbstvergebung zu beginnen:

  1. 1
    Erkenne, wo du dir Selbstvorwürfe machst und unter Schuldgefühlen leidest. Schreibe dir deine persönlichen Sätze auf, die so beginnen, wie die Beispiele, die ich oben genannt habe. Mache dir die negativen Auswirkungen in deinem Leben bewusst.
  2. 2
    Nimm eine andere Perspektive ein. Verzeihe dir deine Handlungen und Entscheidungen aus der Vergangenheit, indem du vergleichst, was deine damalige Perspektive war und wie sie heute ist. Welche Erkenntnisse hattest du damals noch nicht? Was war das versteckte Geschenk in dieser Situation?
  3. 3
    Mache dir bewusst, was du dadurch dauerhaft gelernt hast und wo du heute stehen würdest, wenn du diese Erfahrung nicht gemacht hättest.
    Wie bist du seither innerlich gewachsen?
  4. 4
    Nutze zum Abschluss ein Ritual, mit dem du die belastenden Emotionen loslässt und den neuen Zustand in dir verankerst.
    Mein persönliches Vergebungsritual kannst du in diesem Artikel nachlesen: Wie lasse ich los, wenn ich nicht loslassen kann? 

Ob du dir selbst vergibst, ist deine Entscheidung. Auch was du dir vergibst und was vielleicht (noch) nicht. Niemand anderer kann es dir vorschreiben oder abnehmen.

Es ist alles andere als einfach, automatisierte Gewohnheiten wieder abzulegen. Wenn sie mit sehr schmerzhaften Erfahrungen verbunden sind, geht das oft nicht nur durch eine einfache Entscheidung. Ängste und andere belastende Gefühle können uns das Loslassen erschweren.

Trotzdem gibt es immer einen Teil des Weges, den man selbst gehen kann. Und wenn man dann nicht weiterkommt, kann man sich an dem Punkt Hilfe holen.

Es ist dann wie ein verheddertes Wollknäuel, das man nur in mehreren Anläufen entwirren kann, das aber von Mal zu Mal kleiner wird.

Egal wie dick es insgesamt ist, es lohnt sich auf jeden Fall, damit anzufangen.

Meine Zukunft zu verändern, beginnt damit, mir meine Vergangenheit zu verzeihen.

Und wenn du schon mal dabei bist: Auch zukünftige vermeintliche Fehler kannst du dir jetzt schon vergeben.

Denn du weißt heute noch nicht, was du sehr wahrscheinlich in 5 Jahren wissen wirst. Kein Grund also, dich selbst diesem Druck auszusetzen.

Weitere Ressourcen:

Andreas schreibt auf seinem Blog "Mein Weg aus der Angst" über die 4 Regeln der Selbstvergebung und wo aus seiner Sicht die Grenzen dieser kraftvollen Praxis sind.

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Martina Aust
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