Eigentlich mag ich diesen Begriff ja nicht so gerne. Heißhungerattacken klingt so bedrohlich, als ob einem jemand im Dunkeln an der Ecke auflauern würde und einen hinterrücks überfällt.

Und wenn man niemanden als Täter ausmachen kann, kommt man ja am Ende nur selbst infrage.

Im Zweifelsfall ist man dann allenfalls ein Opfer der eigenen fehlenden Selbstbeherrschung. 

Ich möchte in diesem Artikel allerdings eine Lanze brechen für unseren Körper, seine Intelligenz und vor allem für unsere sinnvollen, wenn auch oft unerwünschten unbewussten Programmierungen. 

Nur weil wir meist auf der falschen Ebene suchen und keine Erklärung finden, erscheint uns das eigene Verhalten komplett unlogisch und irritierend.

Dabei gibt es nach meiner Erfahrung unbewusste Ursachen hinter den Heißhungerattacken, die durchaus nachvollziehbar sind, wenn man mal den Blickwinkel wechselt.

Dann erkennt man, dass sie weder etwas mit hinterhältigen Angriffen noch fehlender Disziplin zu tun haben.


Mit den Fragen am Ende des Artikels kannst du für dich herausfinden, was die Bedeutung deines unerwünschten Essverhaltens ist und damit in Zukunft Heißhunger vermeiden oder zumindest reduzieren.

Heißhungerattacken: Ursachen und wie du sie erkennst

1. Heißhunger Ursachen - Mangel und Verzicht

Der normale Rhythmus von Appetit und Sättigung gerät aus dem Gleichgewicht, wenn unsere uralten Überlebensprogramme auf den Plan gerufen werden.

Jahrtausendelang waren die höchst sinnvoll und haben dafür gesorgt, dass wir nicht aussterben.

Wenn es z.B. einen ungewöhnlich langen und harten Winter gab, reichten die Vorräte teilweise nicht aus, und man musste sich mit weniger begnügen. Gegen Ende des Winters wurde es unter Umständen auch echt hart, weil nur noch Kartoffeln als einzig so lange haltbare Nahrung verfügbar waren.

Es gab also Defizite bei Nahrungsmenge und Nährstoffen. Diese mussten, sobald es wieder mehr gab, so schnell und umfassend wie möglich wieder behoben werden.

Zur Sicherheit haben wir am besten auch gleich noch eine Reserve angelegt für alle Fälle, denn der nächste Winter kam ja bestimmt.

Wir haben also mehr gegessen, um wieder zu Kräften zu kommen und für schlechte Zeiten vorzusorgen. 

Freiwillige Kaloriendefizite gab es nicht, sie waren immer ein Signal für eine Notsituation. Entsprechend war es sinnvoll, danach mehr Appetit zu haben, um das Überleben langfristig zu sichern. 

Dieses Programm, das nichts weiter möchte, als uns am Leben zu halten, ist sozusagen immer noch auf unserer Festplatte vorhanden.

Es arbeitet völlig ungeachtet der Tatsache, dass es heute so gut wie ausgeschlossen ist, dass wir den Winter nicht überstehen oder anderweitig in eine Hungersnot geraten.

Und es weiß auch nicht, dass ALDI und Edeka auch im Winter geöffnet sind und frische Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen rund um die Uhr verfügbar sind. 


Solange sie nicht ausgelöst wird, bemerken wir diese unbewusste Programmierung gar nicht. Wenn wir allerdings verzichten oder einen Mangel empfinden, selbst nur an bestimmten Lebensmitteln, springt sie an. 

Das passiert häufig durch freiwilligen Entzug bei Diäten, Ernährungsumstellungen und auch beim Fasten.

Jedes Mal, wenn wir Mangel oder Verzicht empfinden, wird dieser unbewusst in unserem System abgespeichert. 

Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn wieder mehr Nahrung verfügbar ist oder wir nicht genug Kraft haben gegen uns selbst anzukämpfen, wird er dann wieder behoben. 

Am besten auch mit einem kleinen Puffer - nur so zur Sicherheit.

Deshalb produzieren wir nach Phasen des Verzichts meist einen größeren Appetit als davor.

Je nachdem wie man gestrickt ist und wie häufig man schon diesen unnatürlichen Mangel praktiziert hat, desto unmittelbarer reagiert dieses Programm.

Heißhungerattacken - Frau mit Keks

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2. Heißhunger Ursache - Emotionale Auslöser

Du bist keine Maschine, und essen ist nicht wie tanken.

Du schaust nicht auf eine Anzeige und liest ab, wann du in den roten Bereich gerätst, um dann nachzutanken und wieder deine gewohnte Leistung bringen zu können.

Auch die Idee, dass der Motor umso länger hält, je hochwertiger der getankte Stoff ist, ist auf das Essverhalten nur schwer übertragbar.

Im Prinzip hört es sich ganz einleuchtend an, nur dann machst du die Rechnung ohne die wichtigste Variable in dieser Gleichung: deine Emotionen. 


Und damit geht sie dann leider nicht auf.

Unser Essverhalten wird, wie der Großteil unseres Lebens, aus dem Unterbewusstsein heraus gesteuert. Und da sitzen nun mal unsere Gefühle und unsere jahrzehntealten Muster am Hebel.

Im Alltag bekommen wir das nicht mit und überschätzen den Teil unseres Verhaltens, den wir bewusst beeinflussen, kolossal.

Was wir essen, wann wir essen und wie viel wir essen, wird zu einem großen Teil von unseren Prägungen, Gewohnheiten und emotionalen Zuständen bestimmt.

Positive Anzeichen, an denen du das erkennst, sind dein Genussempfinden beim Essen, dein Lieblingsessen, Lieblingsrestaurant und die allseits bekannte Tatsache, dass „Liebe durch den Magen geht“.

Das heißt, der Magen ist nicht nur ein Verdauungsorgan, der wie ein Motor arbeitet, sondern auch empfänglich für Gefühle, die wir mit dem Essen verbinden. 

Geraten wir emotional aus dem Gleichgewicht, greifen wir häufig zu den Produkten, mit denen wir ein positives Gefühl verbinden. Sind diese nicht verfügbar, entwickeln wir Heißhunger darauf. 


Dahinter steht dann der drängende Wunsch, uns wieder ausbalancieren zu wollen.

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2. Heißhunger Ursache - unbewusste Bedürfnisse

Du kannst in Notsituationen nur auf das zurückgreifen, was du schon kennst.

Im Falle eines dringlichen Problems ist man oft blockiert und findet so schnell keine neue, kreative Lösung. Wenn emotionaler Vollalarm herrscht, hast du nicht die Muße erstmal in dich hineinzuhorchen, was du denn jetzt wohl brauchen würdest.

Deshalb ist der erste instinktive Impuls immer das zu nutzen, was du kennst und was sich über die Jahre bewährt hat.

Wenn das bedeutet, dass Schokolade dir Wertschätzung oder Trost gibt, dann ist das im Zweifelsfall die beste Lösung.

Ein Apfel oder ein paar Nüsse, können den Job dann nicht spontan übernehmen. Denn sie haben diese emotionale Verknüpfung nicht, sie können dir das nicht geben, was die Schokolade für dich bereithält.

Innere schmerzhafte Gefühle bemerken wir im Gegensatz zu äußeren Verletzungen oft erst später. Um besser funktionieren zu können, schieben wir sie in dem Moment, wo sie passieren, erstmal beiseite.

Der später auftretende Heißhunger ist dann aber das Symptom für diesen Verdrängungsmechanismus. Den Zusammenhang können wir dann aber in der Regel nicht mehr herstellen.

Auch das Bedürfnis nach Ruhe, Erholung oder Schlaf tritt nicht von jetzt auf gleich auf, es wird uns aber häufig erst schlagartig bewusst, wenn wir schon längere Zeit über unsere Grenzen gegangen sind. 


Dann haben wir plötzlich keine Energie mehr, fühlen uns wie ausgeschaltet und das Programm, dass unser Körper abspielt, ist der Impuls zu essen.


Das Essen verspricht uns schnell neue Energie zu liefern und gibt uns die Möglichkeit mal eine Pause zu machen, uns hinzusetzen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben zu müssen.

Denn dass man nicht im Stehen essen, sondern sich dazu hinsetzen sollte, haben wir in unserer Kindheit gelernt. Somit ist das erlaubt und keine Faulenzerei. Das lässt der innere Kritiker gerade noch mal so durchgehen.

Zwei Arten von Bedürfnissen, versucht man oft mit Essen zu stillen:  bewusste und unbewusste. 

Bei fehlender Ruhe oder Schlaf ist es noch relativ klar: Du spürst irgendwann, dass es so nicht weitergeht. Und der Zusammenhang ist auch relativ leicht herzustellen.

Bei den unbewussten Bedürfnissen ist es etwas schwieriger, Heißhungerattacken können dann unter Umständen das einzige Zeichen dafür sein, dass es einen akuten Mangel gibt.

Herauszufinden, was genau dahinter steckt, ist ganz trivial. Es kann im Prinzip alles sein, was wir schon längere Zeit aufschieben und vertagen, meist zugunsten scheinbar wichtigerer Ziele.

Sagen wir uns selbst ständig: keine Zeit, keine Prio, alles andere und andere sind erstmal wichtiger, staut sich im Hintergrund etwas auf.

Auch das kann zu einem empfundenen Mangel führen. Wenn du selbst immer an der letzten Stelle kommst, dir keine Zeit für dich selbst nimmst und deinen eigenen Wesenskern im Laufe der Zeit immer weiter verlassen hast. Auch fehlende Grenzen gehören dazu, denn sie führen zu einem Gefühl von Fremdbestimmung und einem Mangel an eigenem Raum.

Wahrscheinlich kommt dann auch deine persönliche Entwicklung und dein Wachstum zu kurz. 

Möglicherweise hast du mit der Zeit viele deiner Träume und Ziele ad acta gelegt.

Deine Seele aber wünscht sich bestimmt Erfahrungen zu machen und daran zu wachsen. Dein inneres Kind wünscht sich mehr Zeit zum Tagträumen, Spielen und für Dinge, die einfach nur Spaß machen, ohne einen bestimmten Zweck zu erfüllen.

Aus diesem inneren Ungleichgewicht kann ein Druck und auch ein diffuses Gefühl des Mangels entstehen. Auch dieses Gefühl und die damit einhergehende Unruhe kann mit Essen beruhigt werden.

Ein mögliches Zeichen dafür kann der Impuls sein, immer wieder neue Gerichte oder Rezepte auszuprobieren, um den inneren Drang nach Abwechselung oder mentalem Futter zu stillen. 

Schließt du Dinge, die dir auf emotionaler oder mentaler Ebene Energie geben würden, dauerhaft aus deinem Leben aus, kann sich dieses Defizit in deinem Essverhalten zeigen.

Das sind nur Beispiele für unbewusste Bedürfnisse. Sie dienen dazu, dir die Funktionsweise möglicher Essmuster zu verdeutlichen. Treffen sie auf dich nicht zu, heißt es möglicherweise etwas um die Ecke zu denken oder etwas tiefer zu graben. 

Woher kommen Heißhungerattacken? So verstehst du die Botschaft. 

Wenn du einen plötzlichen inneren Drang zu essen verspürst, der nicht mit sich diskutieren lässt, steht dahinter eine starke Botschaft:

Du hast ein Bedürfnis, das sofort befriedigt werden muss.

Körperliches Hungergefühl baut sich in der Regel langsam auf und wird mit der Zeit stärker. Du kannst mit ihm auch verhandeln oder hast zumindest noch etwas Spielraum, um dir z. B.: erst etwas zu kochen.

Beim emotionalen Heißhunger ist es anders: Er ist plötzlich da und verlangt nach sofortiger Befriedigung.

Je dringender es sich anfühlt, desto stärker ist das Bedürfnis, das dahinter steht. 

Da Essen leicht und schnell verfügbar und günstig in der Anschaffung ist, hat es jede potenzielle Alternative zusätzlich schwer da mitzuhalten. 

Da wir über Geruch- und Geschmackssinn besonders leicht emotional ansprechbar sind, wirkt es in der Regel sofort und gibt uns das, was wir so dringend brauchen. Mission zunächst erfüllt.

Emotionaler Heißhunger entsteht in der Regel so:

  1. Du hast ein emotionales Bedürfnis (z.B. Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Freiheit, Selbstbestimmung).
  2. Wenn du das in deinem Alltag nicht befriedigen kannst, entsteht ein Mangelgefühl.
  3. Es gibt bestimmte Lebensmittel, an die du aus früheren Zeiten ähnliche Emotionen geknüpft hast. Sie helfen dir, deinen Mangel zu lindern.

Unter diesen Voraussetzungen bildet sich ein Essmuster, das dann wie ein inneres Programm in der jeweiligen Situation automatisch aktiviert wird.

Wenn du versucht diesen Mangel mit Mangel zu bekämpfen, indem du versuchst das, worauf du Heißhunger hast, komplett von deinem Speiseplan zu verbannen, wird das Verzichtsgefühl immer weiter ansteigen. 

Mit jeder Veränderung in deinen Ernährungsgewohnheiten, bei der du dir Dinge vorenthältst, die für dich mit positiven Emotionen verknüpft sind, sendest du dir selbst eine wenig liebevolle Botschaft:

Du bist nicht gut genug, um das essen zu dürfen, was du dir eigentlich wünschst.

Denn wenn du disziplinierter, gesünder, bewegungsfreudiger oder schlanker wärst, müsstest du deine Ernährung ja gar nicht erst verändern. 

Du reduzierst also deinen Selbstwert, anstatt ein emotionales Bedürfnis zu stillen.  Gleichzeitig erhöhst du den emotionalen Wert der Produkte, weil sie zu verbotenen Früchten werden. Damit muss das Verlangen weiter steigen.  

Fällt dir was auf? Aus der Nummer kommst du auf dem Weg nicht raus.

4 Fragen, um deine Heißhunger-Ursachen zu erkennen: 

1. Worauf genau hast du Heißhunger? 

Sind es bestimmte Produkte, nach denen du immer wieder greifst oder hast du eher die Tendenz dich zu überessen?

2. Seit wann hast du diesen Heißhunger? 

Kannst du einen zeitlichen Zusammenhang zu Diäten oder Ernährungsumstellungen feststellen?
War er davor auch schon in derselben Stärke vorhanden?

3. Welche Erinnerungen hast du an die Produkte, auf die du Heißhunger hast? 

Wann hast du sie zuerst kennengelernt und gegessen und was waren die Umstände dabei?

4. Was würdest du tun, wenn du keinerlei Verpflichtungen und freie Zeit nur für dich hättest?

Was hättest du in den Momenten, wenn du Heißhunger verspürst am liebsten? Entweder, wenn kein Essen verfügbar wäre oder was sich noch besser anfühlen würde. Kannst du dahinter ein emotionales oder seelisches Bedürfnis erkennen? 

Wenn dein Heißhunger eine Folge häufiger Ernährungsumstellungen ist, beginne damit, dir wieder zu erlauben, alles zu essen. Das intuitive Essen ist ein guter Anfang, um das Vertrauen in die eigenen Körperempfindungen und Impulse zurückzugewinnen.

Versuche emotionale Notstände zu vermeiden, indem du regelmäßig deine Aufmerksamkeit nach innen lenkst und dich selbst fragst, was du brauchst und wie du dich fühlst.

Deine emotionalen und seelischen Bedürfnisse machen sich sehr viel leiser bemerkbar und sind meist auch nicht so unmittelbar zu befriedigen wie dein körperliches Verlangen. 

In der Regel geht es dabei um Dinge, die kein sofortiges oder gar messbares Ergebnis liefern und deshalb auch nicht auf deiner To-do-Liste stehen. Das macht sie allerdings nicht weniger wichtig für dein Wohlbefinden.

Wenn sie dir bewusst sind, kannst du bewusst Freiräume schaffen und sie in deinen Alltag mit einplanen. So verhinderst du, dass sich Mangel über einen längeren Zeitraum aufbaut und kannst damit in vielen Fällen deine Anfälligkeit für Heißhungerattacken stoppen. 

Du möchtest herausfinden, was die Ursachen für deine Heißhungerattacken sind?

Dann nutze meine jahrelange Erfahrung im Erkennen und Lösen von Essmustern. Buche eine Erkenntnis Session und wir finden gemeinsam heraus, was hinter deinem Heißhunger steckt.

Hinweis: In diesem Artikel geht es nicht um Heißhunger, der eine Begleiterscheinung einer körperlichen Erkrankung z.B. des Stoffwechsels oder ein Symptom für eine psychische Erkrankung ist. Falls du hiervon betroffen bist, suche dir bitte ärztliche oder therapeutische Unterstützung.

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Martina Aust
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