Ich kann mir nicht helfen, aber ich bin kein Fan dieser klassischen Selbstliebe Tipps und Ratgeber. Dieses ganze „sich selbst lieben“ zu müssen erzeugt meiner Meinung nach eine Menge unnötigen Druck.

Vor allem, weil wir meistens von einem sehr, sehr weit entfernten Punkt starten. Und sich nackt vor den Spiegel zu stellen und sich dabei selbst Liebeserklärungen zu machen, ist dafür irgendwie kein guter Anfang.

Sorry, aber das ist zumindest die Selbstliebe-Übung, die mir am meisten in Erinnerung geblieben ist.

Sich selbst lieben war früher lebensgefährlich.

Man muss dabei immer im Hinterkopf behalten, dass wir schon seit Jahrhunderten anders konditioniert wurden. Wichtig war immer nur sich anzupassen, nicht aufzufallen, die Erwartungen anderer zu erfüllen.

Immer in der Angst, sonst nicht akzeptiert und im schlechtesten Fall aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und verbannt zu werden.

Deshalb sitzt da auch immer noch diese innere Stimme in uns, die uns überkritisch dazu anhält, ja nicht zu selbstzufrieden zu werden. Ständig an uns zu arbeiten, um zu beheben, was nicht gut genug ist, wo wir nicht der Norm entsprechen, wo wir anders sind und nicht hineinpassen.

Verstecken. Anpassen. Ausmerzen.

Ständig mit dem Blick von außen nach innen. Das, was sichtbar ist für andere, muss auch deren Erwartungen erfüllen.

Tut es das nicht, muss es verändert werden. Und wer das nicht schafft, hat ein Problem. Der sollte sich schuldig fühlen und bei Wiederholung und fehlender Disziplin auch dafür schämen, es wieder nicht geschafft zu haben.

Das spannende dabei ist, dass wir dazu in der Regel schon gar keinen Anstoß von außen mehr brauchen. Denn wir haben es selbst so verinnerlicht, dass ein Teil von uns immer die Perspektive von außen einnimmt, überprüft, urteilt und uns das Ergebnis über unsere eigene innere Stimme mitteilt.

sich selbst lieben lernen

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Dieses automatisierte Verhalten führt zu einer Fixierung auf das, was anders ist und damit falsch.

Das, was wegmuss, wo wir nicht hineinpassen in die Welt, die wir meinen um uns herum wahrzunehmen.

An dieser Stelle bietet sich der Hinweis auf den Einfluss der Medien, Social Media, Instagram usw. an. Weil es mich langweilt, du die Effekte bestimmt kennst und wahrscheinlich auch schon bei dir selbst festgestellt hast, spare ich mir das hier.

Dass es den meisten oder zumindest sehr, sehr vielen Mensch ähnlich ergeht, ist uns dabei gar nicht bewusst.

Alle verstecken mit aller Kraft nach außen das, von dem sie meinen, dass es die Erwartungen nicht erfüllt.

Deshalb fühlen wir uns mit unseren vermeintlichen Schwächen so allein und irgendwie nicht normal.

Dabei ist genau das Gegenteil der Fall.

Die innere Stimme rät zur Selbstablehnung.

Wenn man das Gefühl hat, irgendwie anders und nicht gut genug zu sein, führt das auf Dauer dazu, dass man anfängt Teile von sich selbst abzulehnen.

Selbst, wenn man keine Vorstellung davon hat, was sich selbst lieben überhaupt bedeuten soll, spürt man dann deutlich, dass man dabei irgendwie nicht auf dem richtigen Weg ist.

Schon wieder nicht gut genug also? Wenn dich dieses Gefühl auch regelmäßig überfällt, bist du allerdings alles andere als ein Außenseiter, denn wir leben in einer Welt des “nicht genug” seins.

Wir vergleichen uns ständig mit anderen und schauen dabei immer von außen auf uns selbst.

Das führt zwangsläufig zu dem Gefühl, nicht genug zu sein, nicht schlank genug, beliebt genug, erfolgreich genug, reich genug, glücklich genug, sportlich genug, gesund genug.

Keine Form der Ernährungsumstellung, kein Sportprogramm, keine Beautybehandlung und kein Lottogewinn können daran etwas ändern.

Zumindest nicht dauerhaft.

Denn das Gefühl verschwindet davon nicht automatisch.

Es gibt tatsächlich nur einen einzigen Weg da heraus und der ist, die Perspektive radikal zu verändern.

Den Blick von außen aufzugeben und nach innen zu richten.

Dich selbst zu fragen, was du brauchst, um dich mit dir selbst gut zu fühlen.

Das größte Hindernis auf dem Weg zur Selbstliebe ist die Angst, anders zu sein, die Erwartungen von anderen nicht zu erfüllen, sie zu enttäuschen und damit nicht geliebt zu werden.

Jedes Thema hat ja immer zwei Extreme. Um einzuschätzen, wo du wirklich stehst und ob du nicht schon ein gutes Stück weit gekommen bist, schau dir die gesamte Skala an.

Anstatt an der Nichterreichbarkeit des einen Pols zu verzweifeln, mach dir klar, dass es unterschiedliche Phasen auf dem Weg von einem Ende zum anderen gibt. Diese Phasen gehen fließend ineinander über und lassen sich daher nicht klar abgrenzen.

Dich selbst lieben - in welcher Phase befindest du dich?

  • Selbsthass
    |
  • Selbstverurteilung
    |
  • Selbstablehnung
    |
  • Selbstkritik
    |
  • Selbstakzeptanz
    |
  • Selbstfürsorge
    |
  • Selbstliebe

Diese stark vereinfachte Darstellung soll verdeutlichen, dass man nicht so einfach mit einem Satz von einem Ende zum anderen kommt.

Wahrscheinlich erkennst du auch, dass du gar nicht so schlecht unterwegs bist, wie du bisher dachtest.

Wo würdest du dich einordnen?

Bist du dauerhaft in einer Phase oder fällst du noch zeitweise zurück?

Machst du schon regelmäßig Abstecher nach vorne?

Kleine Abstecher in die eine oder andere Richtung zu machen ist ganz normal, niemand befindet sich immer zu 100 % in einer Stufe.

Wenn du in der Lage bist, über längere Phasen hinweg, dich zu akzeptieren und gut für dich zu sorgen, hast du bereits ein gutes Fundament geschaffen.

Erkenne den Weg an, den du bereits gegangen bist. Er ist der beste Beweis dafür, dass du die Macht hast etwas zu verändern.

Akzeptiere, dass du stehst, wo du stehst, ohne dich dafür zu kritisieren, aber sieh es als Phase. Du bist kein Baum, du kannst dich bewegen.

Versuche nicht mehrere Schritte auf einmal zu nehmen, sondern mache kleine, aber sichere Schritte vorwärts.

Sich selbst wertschätzen, ist trotzdem wichtig.

Wenn man Selbstliebe als den Prozess definiert, bei dem man herausfindet, wie man sich selbst und seine Bedürfnisse besser erkennt, akzeptiert und priorisiert, dann lohnt es sich in jedem Fall loszugehen.

Warum? Weil du dein Leben niemals lieben und genießen wirst, wenn du dich selbst nicht kennst und weißt, wer du bist. Und dir dann bewusst machst, was du brauchst, um glücklich zu sein. Denn dann kannst du anfangen, dir das selbst zu schenken - und das ist definitiv ein Zeichen von Selbstliebe.

Überspringst du diesen Schritt, bist du zwar auf der Suche, aber du weißt nicht wirklich wonach.

Damit bist du auch für andere kein Geschenk, sondern jemand, der wahrscheinlich bei ihnen das sucht, was er bei sich selbst nicht finden kann.

Wenn du dich selbst priorisierst, ziehst du auch Menschen an, für die du Priorität hast.

Selbstliebe zeigt sich in verschiedenen Bereichen deines Lebens und deines Selbst:

deinen Gedanken,
deinen Gefühlen,
deinen Gewohnheiten,
deiner Einstellung zu deinem Körper

Damit hast du auch verschiedene Punkte, an denen du ansetzen kannst, um das Verhältnis zu dir selbst zu verbessern.

Egal wo du ansetzt, es fängt immer damit an, dass du dir das, was du schon erreicht hast, bewusst machst und am besten ausgiebig feierst. Fällt dir das noch schwer, dann fang damit an, dass du das wertschätzt, was du bereits hast.

In der Regel sind unsere negativen Selbstgespräche eine wahre Fundgrube für die Punkte, bei denen wir uns trotzdem ständig selbst in die Suppe spucken.

Hier kannst du anfangen, deine Gedanken bewusster zu steuern, die Auslöser deiner inneren Monologe zu erkennen und dadurch auch die Gefühle, die du dir selbst gegenüber hast, zu verbessern.

Denn ein großer Teil deine Gefühle entsteht durch das, womit du dich in deinem Kopf den ganzen Tag über beschäftigst.

Wenn du merkst, dass du dir immer wieder selbst dazwischenfunkst, versuche es zunächst mal mit einem neutralen Ansatz.

Was brauchst du? Warum? Wer kann es dir am besten geben?

Hier ein Beispiel, wie du in kleinen Schritten deine Überzeugungen und Glaubenssätze über dich selbst verändern kannst.

So kannst du schrittweise die Einstellung zu dir selbst verändern, ohne dass dein Unterbewusstsein dir dazwischenfunkt, weil der neue Glaubenssatz zu unrealistisch oder bedrohlich erscheint.

  • Ich kann mich selbst gut behandeln, damit ich gut funktioniere.
  • Es ist wichtig, dass ich es zur Priorität mache, mich selbst gut zu behandeln.
  • Indem ich mich selbst gut behandle, sorge ich für mich.
  • Ich habe gute Fürsorge verdient.
  • Selbstfürsorge ist eine Form von Selbstliebe.
  • Ich bin es wert, meine eigene Liebe zu erhalten.

Passe diese positiven Glaubenssätze so an, wie es sich für dich stimmig anfühlt. Schreibe sie auf, oder unterbrich damit deine Gedanken, wenn du in negative Selbstgespräche zurückfällst.

Du kannst es.
Es ist wichtig.
Du verdienst es.
Du bist es wert.

Dreh den negativen Gedanken den Hahn ab und lass sie am ausgestreckten Arm verhungern. Hast du sie ausgehungert, wirst du weniger negative Gefühle dir selbst gegenüber und mehr Selbstakzeptanz spüren.

Von diesem sicheren Boden aus kannst du regelmäßige Abstecher über die Selbstfürsorge in die Selbstliebe unternehmen.

Warum es so schwer ist, sich selbst zu lieben.

„Sich selbst lieben“ ist kein Ziel, dass man geradewegs anpeilen und konsequent verfolgen kann. Und vielleicht sollte man es auch gar nicht.

Es ist vielmehr ein Prozess, bei dem man mal ein paar Schritte vorwärts und zeitweise auch mal wieder zurückgeht.

Wenn du von innen heraus fragst, wie du dich fühlst, was deine Bedürfnisse sind und wie du dazu beitragen kannst sie zu erfüllen, machst du dich automatisch auf den Weg.

Auf diesem Weg stellst du fest, dass es dir besser geht und du dich wohler mit dir selbst fühlst.

Du bemerkst, dass es dir nicht mehr so wichtig ist, was andere über dich denken und ob du mit allen deinen Eigenschaften und deinem Aussehen von ihnen akzeptiert wirst.

Bedeutet das dann schon, sich selbst zu lieben?

Wahrscheinlich ist dir das dann völlig schnuppe.

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Martina Aust
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  1. Was für ein wunderbarer Artikel! Vielen Dank dafür, liebe Martina. Ich finde ja, Selbstliebe ist eines der wichtigsten Themen überhaupt. Zumindest weiß ich, dass mein Leben sich schlagartig geändert hat, als ich anfing mich selbst zu lieben. Man wird mutiger, weil man nicht mehr so viel auf die Meinung der anderen gibt und traut sich plötzlich viel mehr zu.
    Dein Artikel hat wieder so viel in mir zu diesem Thema bewegt. Danke!

    Anna

    1. Danke, liebe Anna. Es ist ein Prozess, mal habe ich das Gefühl einen Sprung gemacht zu haben und dann krieche ich wieder eine Weile so dahin. Ich habe mich mit dem Artikel auch selbst wieder erinnert 😉 Liebe Grüße Martina

      1. Schöner Artikel, wirklich. Ich bin auch gerade auf dem Weg, Selbstliebe und Fürsorge zu lernen, es geht nicht von heut auf morgen. Ich hoffe, ich finde das Ziel. LG

        1. Liebe Anja, das Schöne daran ist ja, dass der Weg für jeden anders aussieht und es kein absolutes Ziel zu erreichen gibt. Ich drücke die Daumen, dass Du Deinen Weg findest 🙂 LG

  2. Ach, was für ein schönes Intro 🙂 Ich bin auch (noch) gar kein Fan von Spiegelübungen, hehe. Und die Darstellung in Phasen finde ich super spannend. Darüber habe ich tatsächlich noch nie so bewusst nachgedacht. Aber es macht total Sinn! Für mich fing tatsächlich auch alles bei den gedanklichen Selbstgesprächen an. Sich da zu beobachten und „netter“ mit sich zu sein, tut so gut. Ich stelle mir da immer vor, wie ich mit einem Freund oder lieben Familienmitglied sprechen würde. Da ist man oft viel milder als mit sich selbst. 🙂 Ganz lieben Dank für Deine Inspiration! Liebe Grüße, Ariadne

    1. Liebe Ariadne, es freut mich, dass es Dir gefallen hat 😁 Bei meiner inneren Stimme merke ich es tatsächlich auch am deutlichsten, dass sich was verändert hat. Es ist merklich ruhiger und damit entspannter geworden 😉 Liebe Grüße, Martina

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